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Morbus Fabry entsteht durch Veränderungen in dem Gen GLA. Bis heute sind über 1.000 verschiedene dieser Varianten bekannt. Bei einigen dieser Varianten wurde bereits in der Vergangenheit von einigen Ärzten und Wissenschaftler diskutiert, ob sie Morbus Fabry verursachen oder nicht. Man spricht daher auch von Varianten unklarer Signifikanz (abgekürzt: VUS). Signifikanz bedeutet hier klinische Signifikanz, d.h. die Variante führt zu klinisch feststellbaren, körperlichen Veränderungen bei dem Träger dieser Variante.
In den letzten Jahren wurde viele der ursprünglich als unklar geltenden Varianten von Ärzten, aber auch Labor-Medizinern als gutartig eingestuft. Als Folge dessen sind Labore dazu übergegangen, bei Gentest auf Morbus Fabry das Vorhandensein dieser Varianten nicht mehr zu berichten. Das bedeutet, dass sowohl der Patient als auch sein Arzt nicht mehr darüber informiert werden, dass eine Variante unklarer Signifikanz vorliegt. Patienten, die Träger dieser Varianten sind und eindeutig Symptome haben, die in Zusammenhang mit Morbus Fabry stehen, wird eine Therapie verweigert. Mehr noch, Patienten, die bereits seit Jahren eine Therapie mit EET oder Chaperon bekommen haben, und deren Symptome sich zum Teil massiv verbessert haben, wurde seit Beginn des zweiten Quartals 2023 die Therapie wieder verweigert!
Wir, die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e.V., widersprechen dieser Praxis vehement. Weder sollte Patienten eine wirksame Therapie noch das vollständige Ergebnis eines Gentests vorenthalten werden! Dementsprechend haben wir im April 2023 eine Stellungnahme zu diesem Thema verfasst und beim FIN Fabry Expert Meeting 2023 in Amsterdam der Öffentlichkeit vorgestellt.
(Die FIN ist das Fabry International Network, der internationale Dachverband der Fabry-Patientenorganisationen weltweit.)
Dies ist eine Stellungnahme der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH) e.V. zu GLA-Varianten unklarer Signifikanz wie D313Y und A143T.
Eine Reihe von GLA-Varianten, darunter die beiden oben genannten, wurden von einigen auf dem Gebiet des M. Fabry Forschenden in wissenschaftlichen Publikationen als “gutartig” oder “neutral” bezeichnet. Mehrere Fabry-Patienten betreuende Ärzte haben diese Auffassung übernommen, und Labore haben die Meldung dieser Varianten eingestellt.
Unsere Erfahrung mit Patienten zeigt, dass diese Varianten zumindest bei einigen Personen anscheinend krankheitsverursachend sind. Bei den am stärksten betroffenen Patienten sind die Symptome weder mild noch treten sie erst spät auf. Beschreibungen einzelner Patienten, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, bestätigen, dass diese GLA-Varianten zumindest bei einigen Patienten M. Fabry verursachen. Darüber hinaus sprechen die nachweislich veränderten physikalisch-chemischen Eigenschaften des mutierten Enzyms, d.h. die verminderte enzymatische Aktivität, die beeinträchtigte pH-Stabilität und die verzögerte Verarbeitung des Vorläuferproteins, für einen pathogenen Einfluss. Die Erfahrung zeigt, dass die Chaperon-Therapie für die Behandlung dieser Patienten gut geeignet ist.
Wir raten davon ab, die von Van der Tol et al. vorgeschlagenen engen Diagnosekriterien zu verwenden. Stattdessen schlagen wir vor, das breitere Spektrum an Symptomen zu berücksichtigen, die von Lenders und Brand als “klassische Manifestationen bei M. Fabry” beschrieben wurden und die teilweise bei Patienten mit den oben genannten GLA-Varianten zu finden sind. Einige GLA-Varianten könnten zu einem Kontinuum klinischer Symptome führen, wie es für die D313Y-Variante vorgeschlagen wurde. Palaiodimou et al. zeigen, dass die von Van der Tol et al. definierten spezifischen Kriterien bei diesen Patienten weit weniger häufig auftreten als neurologische Manifestationen.
Die Betrachtung bestimmter Varianten als gutartig durch Labore führt dazu, dass Ärzte, die eine genetische Ursache für die Symptome eines Patienten vermuten, nicht erfahren, dass tatsächlich eine GLA-Variante gefunden wurde. Unserer Meinung nach sollte die Diagnose bei diesen Patienten von Ärzten mit Kontakt zu diesen gestellt werden. Daher schlagen wir vor, dass die Anbieter von Gentests eine Klassifizierung dieser Varianten als “wahrscheinlich pathogen” auf der Grundlage der ACMG-Kriterien PS3, PP2 und PP3 vornehmen. Alternativ ist eine Einstufung als “etabliertes Risiko-Allel” oder “prädisponierend ” für M. Fabry und Schlaganfall möglich.
Sie haben eine Variante unklarer Signifikanz?
Dann melden Sie sich bitte bei uns! Schreiben Sie uns eine Email unter info@fabry-shg.de oder rufen Sie uns an unter 02473 937 6488. Damit helfen Sie uns, den Überblick über die Ablehnungen der Therapie zu behalten. Gerne vermitteln wir Ihnen auch den Kontakt zu einer Gruppe von anderen betroffenen Patienten. Diese Gruppe beschäftigt sich zusammen mit uns schon länger mit diesem Thema.
Was können Betroffene konkret selber tuen?
Ich möchte erläutern, wie es dazu kam, dass wir heute hier diese Redezeit erhalten:
Meine Fabry-Diagnose kam 2018 aus heiterem Himmel. Ich landete im Krankenhaus und hatte großes Glück, denn mein Kardiologe ließ mich auf Morbus Fabry testen. Im März 2019 nahm ich am Jahrestreffen der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe teil und engagierte mich sofort.
Bei diesem ersten Treffen lernte ich eine Frau in meinem Alter kennen, die wie ich bereits ein Jahr in Behandlung war. Allerdings war sie im Gegensatz zu mir offensichtlich sehr krank. Hier hörte ich zum ersten Mal, dass ihr Arzt gesagt hatte, dass sie keinen richtigen Morbus Fabry habe.
Bei der 10. Veranstaltung, die ich besuchte, traf ich eine Frau, deren Schicksal mich tief berührte. Mittlerweile hatte ich viele Patientengeschichten gehört. Gemeinsam gingen wir zurück zum Bahnhof, mussten aber alle 30 Schritte anhalten und eine kurze Pause einlegen. Sie erklärte mir, dass sie bis vor Kurzem noch die meiste Zeit im Rollstuhl gesessen habe. Ihre Schmerzen in den Beinen begannen im Alter von vier Jahren. Kein Arzt konnte herausfinden, woran sie litt. Sie kämpfte sich mit vielen Symptomen und Medikamenten durchs Leben. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich im Laufe der Jahre. Herzschrittmacher mit 19 Jahren, Rollstuhl mit 24 Jahren, arbeitsunfähig mit 29 Jahren, Diagnose mit 30 Jahren. Nach 4 Jahren Therapie konnte sie erstmals ohne Rollstuhl an einer Veranstaltung teilnehmen.
Ihr Sohn entwickelte im Alter von 3 Jahren die ersten deutlichen Symptome!
Bei unserem Treffen im nächsten Jahr traf ich beide Frauen wieder. Beiden Frauen wurde gesagt, dass es sich bei ihrer Variante nicht um einen echten Morbus Fabry handele. Ich konnte es nicht glauben und wollte mehr darüber erfahren. Gibt es da draußen mehr Patienten und womit rechtfertigen die Ärzte diese Haltung? Wir haben eine Umfrage unter betroffenen Patienten gestartet.
Die häufigsten Argumente der Ärzte:
- hohe Restaktivität des Enzyms
- keine oder fast keine Gb3- oder Lyso-Gb3-Ablagerungen
- hohe Allelfrequenz (hohes Vorkommen) in der Bevölkerung
- keine erkrankten Männer
Fazit: eine andere Krankheit muss der Auslöser sein.
Wir haben ein Literatur-Rechercheteam gegründet, um Studien zu finden, die untermauern, dass die Variante D313Y die Fabry-Krankheit nicht verursachen kann. Das Team recherchierte mehr als 15 Monate, las dabei über 60 Publikationen und fasste alle Informationen zusammen! Wenn eine Aussage dazu gefunden wurde, suchten wir sehr aufwendig die Quelle dazu!
Ich traf weitere Patienten:
Eine junge Frau, 20 Jahre alt: Ihre Gelenkschmerzen begannen im Alter von 10 Jahren. Die Schmerzen wanderten vom Knie zur Hüfte und weiter zur Schulter – es waren immer die großen Gelenke. Die Schule machte ihr wirklich Spaß gemacht, aber der Weg dorthin war für sie die Hölle. Gerade beim Treppensteigen, hatte sie extreme Schmerzen. Sie musste ihre Prüfung am Laptop ablegen, da sie nicht mehr in der Lage war, länger mit einem Stift zu schreiben. Im Alter von 17 Jahren wurde ihr Zustand bedrohlich. Sie brach häufiger zusammen, ihre Finger wurden tiefblau oder durchscheinend weiß. Nach einem zweiwöchigen Klinikaufenthalt zur Diagnosesuche hieß es: Fibromyalgie.
Während dieser Zeit wurde bei ihrem 40-jährigen Vater eine Herzbiopsie durchgeführt. Seine Herzschmerzen begannen im Alter von 20 Jahren. Das dicker werdende Herz verursachte nun extreme Atemnot. Obwohl er 10 Jahre lang behandelt wurde, ging es ihm nicht besser. Die Herzbiopsie ergab drei monogene Herzvarianten, die alleinstehend keine Probleme verursachen können. Darüber fand man die GLA-Variante D313Y. Da es für die Herzvarianten keine Therapie gab, blieb nur die Fabry-Behandlung einer Fabry-Therapie. Kurz nach Beginn der Behandlung mit der Chaperone-Therapie verbesserte sich sein Allgemeinzustand. Heute, nach mehrjähriger Behandlung, ist er vollständig an den Arbeitsplatz zurückgekehrt.
Haben Vater und Tochter die gleiche Krankheit? Ja, denn Fabry wird von Vätern an die Töchter vererbt. Auch der Tochter ging es unter der Behandlung immer besser. Heute studiert sie, wohnt im 2. Stock und kann Treppen wieder im Laufschritt nehmen.
Da war er – der männliche (erwachsene) Patient!
Bei einem meiner ersten Hausbesuche traf ich eine Patientin. Sie hatte starke Kopfschmerzen und Herzrhythmusstörungen. Sie hat viele ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten verloren und Schwierigkeiten beim Lesen und Finden von Wörtern. Ihre Schmerzen begannen in der frühen Kindheit. Nun war sie ans Bett gefesselt und wurde von einer Krankenschwester und ihrem Mann betreut. Heute, nach 4 Jahren Chaperone-Therapie, hat sie bereits viele Fähigkeiten wiedererlangt und ihre Lebensqualität verbessert sich immer weiter. Ich und viele andere Menschen durften diese Entwicklung miterleben. Sie ist jetzt Teil unseres Recherche-Teams.
Kürzlich hat mich ein Vater angerufen. Sein Sohn war von Geburt an krank. Zuerst war es nur Durchfall, später Erbrechen. Als er drei Jahre alt war, schrie er oft, dass seine Füße stach oder brannten. Sie hatten schlimme Nächte, in denen sie bis zu sieben Mal aufstehen mussten. Diagnose und Beginn der EET im Alter von 4 Jahren. Die Beschwerden ließen nach und nach mehreren Monaten war der Junge nahezu beschwerdefrei. Sogar die Ärzte fühlten sich bestätigt. Jeder war glücklich. Nach einigen Jahren kehrten die Symptome plötzlich zurück. Morgendliches Erbrechen, Durchfall, brennende Schmerzen in den Füßen. Eine Katastrophe für die Eltern und den Jungen. Ein Gewöhnungseffekt war den Ärzten nicht bekannt. Mit dem Wechsel der Heimtherapieschwester gingen die Symptome sofort zurück. Wie war das zu erklären? Erst Wochen später stellten die Eltern fest, dass der ehemalige Pfleger ein unerkanntes Alkoholproblem hatte. Er verlor seine Wohnung und schlief im Auto. Es war Sommer und das Medikament war nicht gekühlt. Die Beschwerden bei der Firma für Heimtherapie häuften sich und er wurde entlassen. Neue Nurse, gekühltes Medikament, keine Schmerzen mehr! Dieses unbeabsichtigte Weglassen der EET war der beste Beweis dafür, dass diese Therapie die Richtige ist.
Sind diese Patienten die absoluten Ausnahmen? Wir haben eine Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse sind eindeutig. Ich kann nicht glauben, dass eine auf Morbus Fabry spezifische Therapie andere Grunderkrankungen heilen kann. Es ist kein Kunstfehler, einen Patienten mit einer Fabry-Therapie zu behandeln, der eine Mutation im GLA-Gen, dem Fabry-Gen, aufweist. Wir müssen beachten, dass es nicht nur nephrologische oder kardiologische, sondern auch diese neuropathischen Varianten gibt.
Für mich als Laie ist es verständlich, dass ein Schmerzmittel nicht nur meine akuten Kopfschmerzen, sondern auch die Schmerzen meiner am Vortag verletzten Knöchelzehe lindern würde. Es ist mir ein Rätsel und ich kann nicht verstehen, warum eine Fabry-spezifische Therapie bei einer anderen Krankheit helfen soll.
In unserer Präsentation können Sie neben den Ergebnissen unserer Umfrage auch die Zusammenfassung unseres Recherche-Teams sehen. Daraus geht hervor, welche Hypothesen weiterverfolgt werden sollten.
Allgemein gibt es für die Pathogenität (d.h. die Fähigkeit, eine Krankheit zu verursachen) von Varianten in fünf Einstufungen:
Folgende Internetseiten befassen sich ausführlich mit dem Thema:
Morbus Fabry – A143T und D313Y
Auf YouTube gibt es Videos zu dem Thema:
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