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In unseren Newslettern veröffentlich wir in jeder Ausgabe in der Rubrik „Meine Fabry-Geschichte“ ein Interview mit einem Patienten. Hier finden Sie alle bisherigen Interviews.
Die Namen sind geändert!
Katja (Name geändert) ist 20 Jahre und wohnt in einer kleinen WG in der Nähe von Solingen. Sie ist Studentin und hat neben dem Studium einige Hobbies. Unter anderem engagiert sie sich in der Jugendarbeit der Gemeinde und hat dabei viel Spaß. Dass Jugendlichen oft nur wenig geboten wird, sieht sie daran, wie gut das Angebot angenommen wird. Ihr eigener Weg war gesundheitlich eine lange Abwärtsspirale, die mit 17 Jahren einen bedrohlichen Tiefpunkt erreichte. Hier erzählt sie, wie sich das anfühlte und was diese positive Wende auslöste.
Seit ziemlich genau drei Jahren. Da wurde bei meinem Vater wegen seiner Probleme ein Gentest gemacht, bei dem man M. Fabry festgestellt hat.
Schon als Kind war bei mir auffällig, dass ich häufig Knieprobleme hatte. Ich konnte beispielsweise nicht gleich wieder aufstehen, wenn ich hingefallen bin, das war schon immer komisch. Ab dem 12. Lebensjahr war das linke Knie oft geschwollen und ich hatte starke Probleme beim Laufen. Auch die Schmerzen wurden so schlimm, dass ich damals schon nicht mehr rennen konnte. Ich war häufig bei der Kinderärztin. Diese stellte irgendwann eine Borreliose fest. Trotz vierwöchiger Antibiotika-Einnahme waren die Knieschmerzen immer noch da. Irgendwann tat das andere Knie weh. Von da an wanderten diese Schmerzen Zick-Zack-Weise durch den Körper. Die Fußgelenke, die Kniegelenke, die Hüfte, die Schultern, meine Handgelenke und auch mein Rücken. Das war ganz komisch, schmerzhaft und keiner konnte damit etwas anfangen. Wir waren bei allen möglichen Ärzten und Orthopäden, um herauszufinden, was diese Schmerzen auslöst, aber niemand hatte eine Idee. Ein Arzt verordnete mir dann einfach Schmerzmittel zur regelmäßigen Einnahme. Das linderte zwar die Schmerzen, nahm aber nicht die Ursache. Es folgten starke neurologische Probleme. Meine Hände fingen immer wieder stark zu zittern an oder sie liefen richtig lila, ganz dunkel an. Dann fingen die Hände stark zu brennen an. Auch meine Schultern brannten immer wieder. 2018 bekam ich die ersten Krampfanfälle. Diese waren nicht epileptisch und auch nicht psychosomatisch. Mein heutiger Arzt kennt aus der Literatur einen ähnlichen Fall bei einem Fabry Patienten und vermutet daher, dass das auch von dem Fabry ausgelöst wurde. Aber meine damaligen Ärzte kannten Fabry nicht und vermuteten, dass ich Fibromyalgie (multiples Schmerzsyndrom) habe. Woher die Krampfanfälle herkommen sollten, hatten sie keine Idee.
Wir, also auch meine Eltern, wussten einfach nicht mehr weiter. Nach einer Odyssee von Ärzten war ich sogar zwei Wochen in Sendenhorst in der Klinik (orthopädisch, rheumatologisch und neurologisch). Dort wurde meinen Eltern gesagt, dass ich Fibromyalgie hätte. Sie sollten die Schmerzen einfach nicht mehr ansprechen und thematisieren, sondern einfach ignorieren.
Wir wussten alle nicht mehr weiter, die Schmerzen waren ja täglich da! Die Situation wurde extrem schwierig. Ich konnte vor Schmerzen nicht mehr richtig schreiben und stand aber kurz vor dem Abitur. So habe ich versucht, aufs Tablet umzusteigen. Zusätzlich musste aber noch vom Land NRW genehmigt werden, dass ich auch Klausuren mit dem Tablet schreiben darf. Die fehlende Diagnose, auch die fehlende Begründung für die Fibromyalgie, verkomplizierte diese Angelegenheit natürlich deutlich.
Die kam dann doch noch kurz vor dem Abitur und ich konnte mit der Galafold-Therapie beginnen. In den ersten 14 Tagen hat sich nichts getan und dann verbesserte sich alles nahezu von Woche zu Woche. Ich konnte mich wieder besser bewegen, besser laufen und hatte viel weniger Schmerzen. Ich konnte seit der 9. Klasse kein Sportunterricht mehr mitmachen, irgendwann konnte ich sogar wieder kurze Strecken rennen. Sogar Treppen konnte ich wieder steigen. Mein Abitur musste ich zwar noch mit Tablet und Computer schreiben, aber ich konnte es wenigstens machen!
Mein Vater hat schon seit seinem 20. Lebensjahr Herzprobleme. Obwohl er auch schon sehr lange Medikamente dagegen bekam, verschlechterte sich sein Zustand immer weiter. Er hatte massiven Konditionsverlust und konnte keine Treppe mehr ohne Pausen hochsteigen. Er ist erst 50 Jahre alt und sein Kardiologe konnte es irgendwann nicht mehr verstehen, dass sich seine Werte trotz Therapie weiterhin verschlechterten. Die starke Verdickung der Herzwand veranlasste ihn wohl einen Gentest auf Morbus Fabry zu machen. Als dieser sich bestätigte, überwies er ihn an seinen Studienkollegen Prof. Schäfer nach Frankfurt. Prof. Schäfer klärte ihn ausführlich auf, auch über die Genetik, sodass meine Schwester und ich auch getestet wurden.
Es war zwar komisch jetzt zu wissen, dass man wirklich eine richtige Krankheit hat, aber es war trotzdem eine riesige Erleichterung, endlich zu wissen, was da passiert! Vor allen Dingen nicht mehr so dargestellt zu werden, wie eine, die nicht weiß, was mit ihr los ist, war so ein gutes Gefühl. Es schwarz auf weiß zu haben, dass da etwas ist UND auch eine echte Therapie dafür zu haben war richtig, richtig gut.
Die große Erleichterung ist, dass mir mein Arzt jetzt richtig gute Erklärungen geben kann, woher das alles kommt. Seit vielen Jahren hatte ich so ein Bauchgefühl, dass das was die Ärzte mir zu meinen Problemen sagten, nicht stimmen konnte. Irgendwann hatte ich sogar versucht, dieses Bauchgefühl zu ignorieren, denn wenn man sieben Jahre selbst aktiv hinterherrennt und fragt, was das sein kann und dabei ständig gesagt bekommt, dass man sich das alles einbildet, zweifelt man schon sehr an sich selbst! Aber mein Bauchgefühl hat mir immer signalisiert, dass ich da weiter nachhaken muss. Nachdem mein Zustand ja auch mit diesen Krampfanfällen immer ernster wurde, habe ich wirklich immer größere Sorge bekommen. Ich konnte oder sollte nichts mehr alleine machen. Ich dachte immer, dass diese Fibromyalgie nicht zu mir passt. Ich konnte ganz genau sagen, wo meine Schmerzen sind, die waren nicht irgendwo im Körper, das fühlte sich einfach nicht richtig an. Als mir der Arzt dann erklärte, dass ich Fabry habe und es in der Literatur Menschen gibt, die das neurologisch haben, fühlte sich das auf einmal richtig an. Er konnte auch die Krampfanfälle mit den Ablagerungen im Gehirn erklären.
Schon hin und wieder. Aber es ist gar kein Vergleich mehr zu früher. Man kann sich das nicht vorstellen, wie schlecht es meinem Vater ging. Er hat wieder richtig Lebensfreude. Meine Eltern haben einen Hund, mit dem geht er jeden Tag raus, er kann sich sogar wieder sportlich betätigen. Er kann am Alltag teilnehmen und ist richtig glücklich, dass er das alles wieder machen kann. Wie ich auch – aber doch auch anders. Er kann arbeiten und hat jetzt einen tollen Job und tolle Kollegen. Die meisten sorgenvollen Gedanken beziehen sich auf den Arzt, wie geht es weiter, wenn der das nicht mehr macht. Mein Vater war einmal in einem anderen Zentrum, aber als dort klar wurde, wo er eigentlich behandelt wird, nahm man ihn nicht mehr ernst. Seine und meine Geschichte zählte nicht mehr. Das hat uns verunsichert und er will das nie mehr erleben müssen.
Auf jeden Fall! Mit der Diagnose kam die Erkenntnis, dass man dagegen etwas machen kann und mit der Behandlung kam die Verbesserung. Früher hatte ich teilweise Schwierigkeiten zwei Treppenstufen hochzugehen, weil die Schmerzen so riesig waren. Ich kann das gar nicht genau beschreiben für jemanden, der solche Schmerzen noch nicht hatte. Das war einfach grauenvoll. Ich bin wirklich gerne zur Schule gegangen, aber es war sofort ein Horror, wenn ich mich an diese zwei Stufen auf dem Weg erinnerte. Und heute wohne ich im 3. Stock und kann ganz easy diese Treppen hochlaufen. Dabei habe ich entweder ganz wenige Schmerzen oder einfach gar keine! Ich habe seit zwei Jahren keine Krampfanfälle mehr.
Nein, nicht sofort. Ich wurde noch mit einem Anti-Epileptikum von meinem Neurologen ausgestattet, welches ich bis heute nehme. Das Zittern in den Händen kommt noch ab und zu, aber lange nicht mehr so schlimm wie früher.
Nur meine Schwester. Sie hat aber bis heute glücklicherweise gar keine Probleme. Mein Vater ist Einzelkind und meine Oma ist schon lange verstorben. Damals wusste man nichts vom Fabry.
Nein, irgendwie habe ich das bisher nie geschafft. Aber ich glaube, ich möchte es irgendwann noch machen. Das gehört irgendwie doch dazu und hilft vielleicht in Zukunft einem anderen Patienten.
Ganz viele Ärzte und Ärztinnen müssen lernen, richtig zuzuhören. Sie dürfen sich einfach nicht nur an den messbaren Werten festhalten, sondern sie müssen vielmehr auf das Wohl – oder Unwohlbefinden von Patienten schauen. Fachübergreifende Zusammenarbeit ist sehr wichtig. Das fehlt bei den niedergelassenen Fachärzten viel zu oft und das Gesamtpaket wird dabei ignoriert.
Für mich war die Aussicht auf eine Wende in meinem Leben durch die Diagnose extrem wichtig. Auch wenn sie über Umwege und nicht von meinen Ärzten kam. Erklären zu können, ich habe diese Erkrankung war für mich extrem wichtig. Einfach nicht mehr vor so einer Wand stehen, das alles ist immer noch sehr erleichternd.
Das Netzwerk, welches da gerade mehr und mehr entsteht, auch mit der FIN (Fabry International Network), der internationalen Gruppe, die auch einen jugendlichen Schwerpunkt hat, finde ich sehr spannend. Zu wissen, dass man nicht alleine ist. Sich hier mit anderen Fabry Patienten auszutauschen, tut mir richtig gut und ist wichtig. Auch die Selbsthilfegruppe finde ich wichtig, weil ich weiß, dass ich auch hier nach Fachärzten fragen kann und auch mal von anderen Patienten-Erfahrungen höre. Ich freue mich schon auf das Treffen in Oberhof!
In der Uni kann ich einen Nachteilsausgleiche beantragen, denn ich habe jetzt eine Diagnose. Meine Diagnose war ja kurz vor dem Abi. An alle, die das in Erwägung ziehen: Es ist unfassbar schwierig für das Abi einen Nachteilsausgleich zu bekommen. Es ist extrem Lehrerabhängig, manche unterstützen gar nicht, andere schon. Hier ist es wichtig, nicht alleine dazustehen. Ich habe auch wirklich viel Erfahrung gesammelt, Nachteilsausgleiche in der Uni zu beantragen. Manchmal kann man es auch nicht nachvollziehen. Man könnte doch denken, dass gerade in Bio das besser verstanden wird, aber genau dort wurde bei mir immer abgelehnt. In Englisch dagegen war es kein Problem. Jede Fakultät beurteilt das anders. Hier könnte ich bei Bedarf auch mal einen Tipp geben.
Dem Bauchgefühl vertrauen und immer wieder in sich hineinhören. Sich Ärzte suchen, die einem zuhören und sich von denen entfernen, die einem nicht glauben.
Das Problem in der Medizin ist immer, dass man alles messen möchte. Viele Ärzte möchten nachvollziehen, also schwarz auf weiß sehen, dass sich Werte verbessern. Wenn eine Verbesserung abzulesen ist, ist es total toll. Wenn nicht, muss man sich auf das persönliche Gefühl des Patienten verlassen und das fällt vielen Ärzten und Ärztinnen schwer. Bei meinem Vater ist die Rückbildung der Herzwandverdickung messbar, bei mir kann man das alles nur schwer messen. Aber wir haben die gleiche Krankheit mit so unterschiedlichen Auswirkungen.
Man darf einfach nicht aufgeben!
Interview geführt von Natascha Sippel
Lena Sch. (Name geändert) ist 28 Jahre alt und lebt mitten im Ruhrgebiet. Sie wohnt in einer kleinen WG und arbeitet in Vollzeit in der Schule. Hier ist sie gut eingespannt und hat viel Spaß bei der Arbeit. Trotzdem überlegt sie, ob eine Arbeitszeitreduzierung für sie sinnvoll wäre. Denn nach den vollen Tagen bleibt wenig Energie für andere Hobbies übrig. Fabry begleitet sie eigentlich schon immer, da ihr Vater sehr früh diagnostiziert war. Zu den Check-Up´s ging es, damals noch aus Norddeutschland, mit den Eltern und der Schwester nach Mainz. Anfangs durfte sie noch das eine oder andere Jahr überspringen. Mit neun Jahren wurde der Fabry präsenter, denn hier fingen die Brennschmerzen in den Füßen an.
Ende der 1980er Jahre hatte er einen Artikel über diese Erkrankung gelesen. Darin hat er sich wiedererkannt und war sich sicher, dass er das haben muss. Da wir im Emsland wohnten, ist er nach Münster. Der Fabry wurde dort bestätigt. Sein Fall war schon eine kleine Sensation, denn es gab überhaupt nur wenig Patienten. Er sollte sogar einmal nach New York. Anfang 2000 ist er dann in Mainz betreut worden, da dort mit Therapie begonnen wurde.
Nein. Ich wurde ja gut beobachtet und hatte erstmal keine Probleme. Als die Brennschmerzen anfingen, begannen ungefähr auch die Kinderstudien mit Therapie an. Wir haben uns damals dagegen entschieden. Es war eine Kombination aus: nicht Versuchskaninchen sein wollen, die abschreckende Vorstellung auf eine Infusionstherapie im zwei-Wochen-Rhythmus, den damit verbundenen Wegen und auch die Meinung der Ärzte, dass unsere Mutation nicht so schlimm sei.
Anfangs hatte ich ja noch keine Probleme. Mir ist das aber negativ in Erinnerung, dass ich immer diesen weiten Weg nach Mainz mitfahren musste. Vorher sollte ich Urin sammeln, auf der Fahrt wurde mir schlecht und dort wurde immer Blut abgenommen. Das war schon immer blöd. Dann fingen diese wirklich stechenden Schmerzen an. Eigentlich wollte ich ja nicht daran denken müssen, aber immer beim Spielen, Rennen oder Schwimmen – also immer wenn man mit Freunden eigentlich Spaß haben wollte, kam das durch diese Brennschmerzen in den Vordergrund. Das war frustrierend. Mit knapp 13 Jahren bekam ich das Carbamazepin. Es wurde langsam hochdosiert und damit war es besser, gleichzeitig habe ich aber Konzentrationsprobleme bekommen. Irgendwie konnte man nie so genau sagen, ob das jetzt der Fabry, die Nebenwirkungen oder einfach ein anstrengender Tag war.
Ja, aber erst seit ca. drei Jahren. Das kam auch daher, dass die Schmerzen bei meiner Schwester wohl nicht so stark ausgeprägt waren. Sie hatte die Brennschmerzen im Kindes- und Jugendalter, diese hörten bei ihr aber mit knapp 20 Jahren wieder auf. Bei meinem Vater war das anscheinend auch so. Darauf hatte ich auch gehofft. Aber irgendwann waren meine Schmerzen doch so unerträglich, dass auf eine Therapie bestanden wurde.
Inzwischen wurde ein paar Mal umgestellt, derzeit nehme ich Duloxetin und Pregabalin. Demnächst möchte ich nochmal umstellen und das Pregabalin ausschleichen. Dafür könnte ich dann Lamotrigin nehmen, wenn die Schmerzen zu stark sind. Ich hoffe davon weniger müde zu sein. Allerdings habe ich einmal Fehler bei einer Medikamentenumstellung gemacht. Das hat so enorm starke Schmerzen ausgelöst, dass das für mich sehr traumatisch war. Daher habe ich jetzt ganz schön Angst vor der Umstellung und schiebe das etwas vor mir her. Es hängt ja viel daran…
Ja sehr. Auch wenn ich Vollzeit arbeite, muss ich sagen, dass mir das richtig schwerfällt und ich deshalb überlege, zu reduzieren. Es ist einfach zu anstrengend und ich merke, dass ich einfach nicht so leistungsfähig und belastbar bin, wie jemand der gesund ist. Ich musste irgendwann feststellen, dass meine Symptome, vor allen Dingen die Schmerzen, viel stärker sind, als sie bei meinem Vater und meiner Schwester wohl waren. Es hat auch gedauert, sich das einzugestehen. Diese Schmerzen nerven sehr und sind wirklich anstrengend.
Das ist schwierig. Es bedrückt schon, wenn man weiß, dass der Fabry bei Männern auch wirklich die Lebenszeit verkürzt. Man verdrängt das aber und das ist auch ganz gut so. Durch unsere jährlichen Check-Up´s fühlen wir uns gut beobachtet und auch gut aufgehoben. Diese machen wir seit langem wieder in Münster. Das gibt uns die Sicherheit, nichts zu versäumen Bei meinem Vater hörten die Schmerzen mit ca. 21 Jahren auf und er konnte eigentlich gut am Leben teilnehmen. Aber die Thrombosen und der Schlaganfall, den er erlitten hat, machen einem bewusst, dass da mehr ist. Glücklicherweise hat er sich immer ganz gut erholt. Er hat lange gearbeitet und konnte irgendwann in Altersteilzeit gehen. Es war eher so, dass mein Vater sehr mitgelitten hat, wenn meine Schwester und ich so starke Schmerzen hatten. Er hatte auch immer dieses schlechte Gewissen, weil wir es ja von ihm geerbt hatten. Zwischenzeitlich hat er auch ein paar altersbedingte, Fabry unabhängige Problemchen.
Mein Vater hat keine Geschwister und meine Großeltern sind auch schon verstorben. Es müsste ja von meiner Oma gekommen sein. Bei ihr hieß es immer, sie habe Rheuma. Heute denken wir, dass es Fabry gewesen sein muss. Sie verstarb allerdings auch früh an einer Lungenembolie. Ansonsten kennen wir keine Verwandte, die Fabry haben könnten.
Ja, seit ungefähr einem Jahr. Das ist richtig gut! Ich war vorher in einem Dialysezentrum und wurde dort sehr gut umsorgt. Sogar mit Essen. Aber es war doch immer mit dem Aufwand verbunden. Jetzt ist das sehr erleichternd für mich. Zu Beginn hatte ich manchmal wechselnde Schwestern. Einmal kam jemand, da stimmte die Chemie gar nicht. Ich rief in der Firma an und erklärte, dass das zwischenmenschlich nicht so passen würde. Das war enorm wichtig, denn ich weiß ja, dass solche Stresssituationen mich nachhaltig erschöpfen und dafür keine Energie da ist. Man weiß ja, dass man auf sich aufpassen muss. Das wurde auch ernst genommen und seitdem habe ich eine tolle Schwester und alles funktioniert wunderbar.
Die Patiententreffen. Andere Patienten treffen und sich einfach mal austauschen können ist für mich sehr wichtig. Die Selbsthilfegruppe, durch die ich auch weiß, nicht alleine zu sein. Oder auch, dass da nicht nur ein Arzt ist, der mir helfen kann, sondern dass die Ärzte sich auch vernetzen und austauschen, finde ich richtig gut. Ansonsten muss ich leider sagen, hat M. Fabry nichts Positives für mich. Dafür ist er leider viel zu belastend.
Ich achte gut auf mich, das habe ich gelernt. Stressvermeidung habe ich gelernt, dann bleibe ich lieber zu Hause und überschreite dadurch nicht meine Grenzen. Diese Selbstfürsorge ist durch den Fabry größer geworden.
Nicht die Hoffnung aufgeben. Es werden weiterhin Medikamente getestet, also möglichst an den Studien teilzunehmen, weil die superwichtig für die Forschung und uns Patienten sind. Zu den Patiententreffen gehen. Dort dreht sich nicht nur alles um das Leid, sondern es kann auch schön sein, sich auszutauschen. Man bekommt da auch immer neue Ideen mit.
Meine Schwester möchte damit gar nicht so viel zu tun haben, denn sie will an dieses Schmerztrauma nicht immer wieder erinnert werden. Sie hatte noch lange Verdauungsprobleme und nimmt jetzt täglich den von Frau Prof. Brand empfohlenen Verdauungshelfer. Seitdem geht es ihr viel besser. Aber wenn einen der Fabry im Alltag beeinträchtigt, ist es einfach immer wohltuend sich auszutauschen. Das kann ich einfach nur jedem empfehlen.
Interview geführt von Natascha Sippel
Mooney J. ist 45 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren Söhnen in der Nähe von Cottbus. Ihr großer Halt ist die Familie, mit der sie gemeinsam viel unternehmen. Ihre Arbeit macht sie gerne und ist froh, dies auch noch zu können. Lesen ist ihr großes Hobby. Ihr langer Weg zur Diagnose hatte viele Tiefen, die sie immer mehr zweifeln ließen. Mit Therapiebeginn kam die Erleichterung. Warum es nach der Fabry Diagnose noch über drei Jahre bis zum Therapiestart dauerte, erzählt sie uns hier.
Die Diagnose bekam ich im Januar 2017, also seit viereinhalb Jahren.
Ungefähr 15 Jahre. Immer wieder habe ich versucht, eine Ursache für meine Probleme zu finden. Da aber immer nichts dabei rauskam, habe ich es auch phasenweise schleifen lassen. Man hat dann einfach nicht die Kraft, ständig dranzubleiben. Vor allen Dingen, weil man ja nicht so ernst genommen wird und keiner sehen kann, wie es einem geht.
Als Kind hatte ich immer diese Wachstumsschmerzen – zumindest wurde das immer so genannt. Ich habe mir von meinem Sohn einmal beschreiben lassen, wie seine Schmerzen sind, wenn er wächst und kann heute sagen, das ist tatsächlich etwas anderes. Aber das konnte man ja nicht wissen. Auch wenn es besonders warm oder auch richtig kalt war, ging es mir nie gut. Einfach die Temperaturunterschiede waren immer schwierig. Später habe ich natürlich auch einiges ausprobiert, wie Sauna, aber da konnte ich nie Spaß dran haben. Vor allen Dingen, wenn andere sich dort trafen, konnte ich da nie mitmachen. Ich habe diese Brennschmerzen an den Füßen, die sich anfühlen, als stünde man in einem Bottich mit heißem Wasser.
Der Unterschied zu anderen ist mir erst so Mitte 20 aufgefallen. Ich war immer sehr erschöpft und Infekt anfällig, dazu kam Migräne mit bis zu 10 Anfälle im Monat. Nach dem 30. Lebensjahr kam die Vergesslichkeit dazu – und da habe ich wirklich Angst bekommen. Ich war vorher in der Altenpflege tätig und hatte mit viel Demenz zu tun. Als mir meine Vergesslichkeit bewusst wurde, machte das auch depressiv. Ich musste psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen. Auf diesem Weg bin ich an meine heutige Neurologin geraten, die sich wirklich viel gekümmert und sich meiner Probleme angenommen hat. Mit 27 hatte ich eine TIA und habe seitdem Probleme mit der linken Körperhälfte. Hier ist eine Fußheber-Schwäche zurückgeblieben. Dadurch passierte es öfter, dass ich die Treppen hoch fiel.
Schwierig, erst die Neurologin beschäftigte sich wirklich damit und wies mich in eine Klinik ein. Dort entstand die erste Arbeitsdiagnose MS (Multiple Sklerose). Das Nervenwasser bestätigte aber nicht die MS. Im Kopf-MRT wurden dafür diese Läsionen auffällig. Die konnte der Arzt nicht erklären und meinte, es sei eine vaskuläre Demenz. Ab da hatte ich wirklich große Angst, dass ich mich selbst vergesse. Ich konnte mich damit nicht abfinden und die Neurologin blieb auch dran, aber alles verlief im Sand. Es gab nie eine richtige Diagnose und dadurch war ich einfach unzufrieden. Ich kannte meine Schwächen und Beschwerden, Hilfe war aber nicht in Sicht. Alle Schmerzmittel halfen nicht, sondern verursachten zusätzliche Nebenwirkungen, die nicht zu tolerieren waren. Von Pregabalin habe ich wirklich Kontinenz-Probleme bekommen. Das brauchte auch nach dem Absetzen sehr lange, bis es wieder gut war. Die Neurologin ließ wirklich nichts aus, um die Schmerzen zu bekämpfen, auch Anti-Depressiva. Vieles lief erst gut, aber nach kurzer Zeit verlor sich die Wirkung, anderes vertrug sich nicht mit den Migränemedikamenten. Es war ein ständiges Probieren und der Körper war, glaube ich, komplett durcheinander. Irgendwann kam sie mit einer weiteren Idee für einen Test mit einer Trockenblutprobe. Das ging nach Wien, dauerte einige Wochen und das Ergebnis war Morbus Fabry, Mutation D313Y. Aber gleichzeitig stand auf dem Befund, dass diese Mutation eigentlich nichts machen würde. Die Neurologin konnte das nicht verstehen, denn sie meinte, sie sehe doch, dass das etwas macht. Sie vermittelte den Kontakt nach Berlin ins Virchow Klinikum. Dort wurde ich gründlich untersucht und hatte auch davor schon ein paar Gespräche mit der Ärztin. Sie hörte sich genau an, was mir große Probleme macht und mein Leben einschränkt. Aber am Ende meinte sie, dass es für eine Behandlung nicht reiche.
Ja, damals war ich in der Klinik und nach einer Woche hieß es, dass ich außer diesen Läsionen nichts hätte, ich sei gesund. Damals war das auch schon ein Schock. In Berlin sah man auch den Fortschritt der Läsionen. Ich habe ja auch gemerkt, dass sich in meinem Kopf etwas abspielt und ich immer größere Einbußen bei der Konzentration habe, aber vor allen Dingen bei dem Gedächtnis. Das waren Schwierigkeiten, von denen ich überzeugt war, dass man diese nicht übersehen kann. Denn diese Symptome/Läsionen ließen sich ja richtig nachweisen, nicht so wie das Schmerzempfinden.
Das war wirklich sehr schwer. Ich war davon überzeugt, dass mir niemand helfen will. Ich konnte gar nichts mehr machen. Das vorherrschende Gefühl war einfach, dass mir niemand glaubt. Mir war so bewusst, immer einem Arzt ausgeliefert zu sein – er sagt einem was geht und was nicht. Der Arzt entscheidet das. Ich war sehr depressiv. Es hat mehr als ein dreiviertel Jahr gedauert, bis mich mein Mann und auch die Neurologin zu einem nächsten Schritt bewegen konnten.
Ich versuchte mitzuwirken ohne Erfolg. Nicht umsonst sagt man, dass man etwas hat. Irgendetwas ist nicht so, wie es sein soll. Man spürt das ja auch. Wenn ich nichts hätte, müsste ich mich auch nicht darum sorgen. Alles was man hat, ist ja aus einer somatischen Erkrankung und keine psychosomatische Erscheinung.
Die Neurologin wies mich in die Klinik in Dresden ein. Dort war ich 14 Tage stationär und wurde sehr gründlich untersucht. Hier stellte man noch eine verdickte Herzwand fest, die scheinbar ja auch symptomatisch für MF ist. Sie verursacht aber zumindest noch keine Probleme. Aber die Läsionen im Kopf ließen den Ärzten dort keine Ruhe. Sie waren sicher, dass dies auf keinen Fall normal bei einer 44 jährigen Frau sei. Sie starteten einen Verlauf und entschieden wirklich aufgrund der Symptome aus dem zentralen Nervensystem, dass ich behandelt werde. Dann kam noch Corona dazwischen und alles lag auf Eis. Auch diese Zeit war wieder richtig frustrierend. Statt im April wurde ich dann im August 2020 endlich zum ersten Mal therapiert.
Ich bekomme Fabrazyme und kann mich tatsächlich über Fortschritte freuen! Meine Lebensqualität ist enorm gestiegen! Ob meine Vergesslichkeitsprobleme sich verbessert haben, kann ich noch gar nicht sagen. Aber ich habe einfach keine Schmerzen mehr. Das hat meine Lebensqualität enorm verbessert, ohne Ende! Das muss ich wirklich sagen. Endlich wieder schlafen können. Ich konnte so lange nicht mehr auf der linken Seite liegen, weil die einfach weh tat. Da war eigentlich nichts, aber sie tat einfach nur weh. Das kann ich jetzt seit einem viertel Jahr wieder richtig gut. Ich kann schlafen, das ist was richtig Tolles!
Ich war erleichtert, dass es für meine Schwierigkeiten, die ich hatte, einen Namen gibt. Die Bewertung des Labors hatte ich erst gar nicht wahrgenommen. Ich hatte wirklich auf Hilfe gehofft. Meine Neurologin hat mir den Befund mitgeteilt. Sie gab mir Aufklärungs-Broschüren mit. Ich habe alles gelesen und mich in einigen Dingen genau wiedergefunden, bei anderen auch nicht. Sie teilte mir aber auch mit, dass in dem Befund steht, dass die Mutation nichts macht. Irgendwann googelt man auch nach der Mutation und findet alles dafür und alles dagegen. Am Ende stand ich da und wusste selbst nicht, wie ich das einordnen soll. Sehr belastend war auch die Frage, welchen Standpunkt wohl der Arzt, der mich behandeln soll, dazu haben würde? Trotzdem war es erleichternd zu wissen, es hat einen Namen und es ist nicht nur in meinem Kopf!
Das war das schwierige, man versucht mitzuwirken ohne Erfolg. Das ist so schwierig für den Patienten, nicht umsonst sagt man, dass man etwas hat. Irgendetwas ist nicht so, wie es sein soll. Man spürt das ja auch. Wenn ich nichts hätte, müsste ich mich auch nicht darum sorgen. Alles was man hat, ist ja aus einer somatischen Erkrankung und keine psychosomatische Erscheinung.
Ja, man hat nicht mehr das schlechte Gewissen, dass man vieles nicht machen kann. Oder dass einfach die Kraft nicht reicht oder einfach ein schlechter Tag ist. Ich mache mir jetzt nicht mehr diesen Druck, weil ich weiß, dass es so ist. Ich kann damit jetzt umgehen und leben. Aber das hat gedauert.
Ja, meine Mutter. Sie ist diejenige die es mir vererbt hat und sich anfangs auch wirklich Vorwürfe gemacht hat. Sie ließ sich testen und bekam den gleichen Befund wie ich. Sie ist über 70 Jahre und hat bis heute keine Probleme bis auf einen Tinnitus, der sie echt nervt. Sie macht daher auch keine Therapie. Sie unterstützt mich aber sehr und ist mir eine wichtige Hilfe.
Mein jüngerer Sohn ist nicht betroffen. Leider will sich mein älterer Sohn nicht testen lassen, obwohl ich glaube, dass er betroffen sein könnte. Er hat ein paar Schwierigkeiten und eine Herzschwäche. Er ist volljährig und ich hoffe, dass er noch umdenkt.
Hier haben alle gut regiert und wir haben einen tollen Zusammenhalt. Auch meiner Mutter konnte ich das schlechte Gewissen nehmen, denn sie kann ja nichts dafür.
Ja und das ist eine tolle Sache! Ich bekomme alle 14 Tage sehr netten Besuch und diese Möglichkeit erleichtert mir das Leben sehr. An diesem Tag kann ich von zu Hause aus arbeiten, das ist eine super Sache.
Ja, mein Mann ist mein Anker. Er hat mich über die ganze Zeit begleitet und hat mich immer wieder gestoßen, wenn ich mal nicht mehr wollte. Ich kann mich zu 110 % auf ihn verlassen. Das habe ich daraus gelernt.
Auf jeden Fall dran bleiben und sich nicht entmutigen lassen. Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, wenn der eine Arzt nicht so will, können wir den nächsten aufsuchen. Man traut sich halt nicht immer so. Ärzte sind ja doch immer wieder auch für mich etwas Erhabenes, sie stehen irgendwie doch auf einem Sockel. Und wer legt sich schon gerne mit einem Arzt an oder widerspricht ihm, wenn man selber keiner ist? Aber es lohnt sich, weiter zu suchen!
Außerdem habe ich gelernt, mich anzunehmen und nicht über die eigenen Grenzen zu laufen. Das wird so bestraft, nein – es wird doppelt bestraft. Sobald man diese Grenzen überschreitet, leidet man selbst deutlich mehr und die Familie auch noch mit. Ich konnte dann einfach etwas nicht mehr machen und alle mussten auf mich Rücksicht nehmen. Und das ist nicht schön. Dann lieber in den angemessenen Grenzen bewegen und sehen, hier funktioniere ich gut und hier überfordere ich mich nicht. Damit klappt alles viel besser.
Man darf nicht aufhören, über sich zu reden. Das ist es, was es so schwer macht, denn man spürt ja, der Gegenüber sitzt zweifelt daran, er glaubt mir nicht. Dadurch verstummen vermutlich auch viele, die dann einfach gar nichts mehr sagen. Sie finden sich mit ihrem Schicksal ab und bekommen dadurch nie eine Chance zur richtigen Hilfe.
Interview geführt von Natascha Sippel
Jannic P. (Name geändert) ist 12 Jahre alt und lebt mit seinem jüngeren Bruder und den Eltern in einem kleinen Dorf in Nordrhein-Westfalen. Neben den beiden Katzen gehören der Familie auch Hühner und Gänse. Bei ihnen verbringen sie oft ganze Wochenenden auf einer großen Wiese in ihrem Camper. Hier gibt es Platz für viele Aktivitäten. Schwimmen im Verein ist sein großes Hobby, wegen Corona findet hier aber schon lange nichts mehr statt. Gegen Langeweile spielt er gerne Minecraft oder auch anderes an der Spielekonsole, aber am liebsten trifft sich mit seinen Freunden. Wir haben ihn und seine Mutter um ein Interview gebeten, weil immer häufiger junge Patienten erkannt werden.
Etwas über einem Jahr.
Wir waren ziemlich genau sechs Jahre auf der Suche.
Am Anfang hatte ich Fußschmerzen wenn ich länger gelaufen bin. Zuerst dachte ich, dass ich wachse, aber irgendwann war ich sicher, dass das nicht sein kann. Die Schmerzen hatte ich immer öfter und länger, irgendwann gingen sie kaum noch weg. Beim Sportunterricht war das ein großes Problem.
Der Kinderarzt überwies uns zum Orthopäden. Dieser stellte einen Senk-Spreizfuß fest und es gab Einlagen. Da es nicht besser wurde gingen wir zum Neurologen. Dort wurden die Nervenstränge gemessen, aber alles schien in Ordnung zu sein. So landeten wir schnell beim Kinderpsychiater. Der erklärte schlicht, dass Jannic ähnlich einer Trotzphase, einfach keine Lust auf Anstrengungen hätte und sich verweigern würde. Das stimmte aber einfach nicht. Wir waren immer wieder beim Kinderarzt. Er hatte keinen Rat, so recherchierten wir im Internet und überlegten, ob es Rheuma sein könnte. Der Kinderarzt meinte allerdings, dass das nicht sein könnte, nahm Ben aber ernst. Er veranlasste ein großes Blutbild. Hier fiel auf, dass keine Enzymaktivität vorhanden ist und so kam es zu der Verdachtsdiagnose Morbus Fabry. Wir waren wirklich oft beim Kinderarzt, es wurden auch immer wieder Blutbilder gemacht. Warum das erst nach so langer Zeit aufgefallen ist, wissen wir nicht. Auch der Kinderarzt war dann froh, zu wissen, woher das kommt.
Im ersten Moment war ich erleichtert, dass ich jetzt weiß was ich habe. Dann war es aber schon blöd, weil ich das einfach nicht haben wollte.
Eigentlich nicht, außer dass ich jetzt neben meiner Infusion jeden Abend eine Tablette gegen meine Schmerzen nehme (Kabermazipin). Das ist eigentlich ein Medikament für Epilepsie, hilft aber auch bei Nervenschmerzen. Bei Jannic gingen die Schmerzen trotz EET nicht weg. Mit der Tablette sind sie aber deutlich weniger geworden.
Ja, meine Mutter.
Ich habe diese Brennschmerzen in den Händen, aber nur, wenn meine Körpertemperatur über 37,5 Grad geht, das kam aber nicht so oft vor. Außerdem habe ich immer mal wieder Brennschmerzen an unterschiedlichsten Körperstellen. Das war immer komisch und nicht richtig zuzuordnen. Heute weiß ich, dass ich mir das nicht nur eingebildet habe.
Mutter: Ich habe zwei Halbbrüder. Für beide habe ich vom Zentrum eine Trockenblutkarte mitbekommen. Ein Bruder hat sie angeblich abgeschickt und nie ein Ergebnis bekommen, der andere Bruder meint, dass er das eh nicht hat. Er ist jetzt Vater eines Sohnes. Leider sind unsere Eltern beide an Krebs verstorben, sodass wir gar nicht nachvollziehen können, wer Fabry hatte. Zu weiteren Verwandten haben wir kaum Kontakt. Die haben sich wohl nicht so verstanden. Genaueres weiß ich gar nicht.
Eigentlich waren alle erleichtert. Meine Eltern und auch Großeltern haben mich immer ernst genommen.
Ja.
Ich bekomme alle 14 Tage EET mit Replagal. Die Tablette ist bei unserer Mutation nicht geeignet.
Ja, am Anfang musste ich immer ins Zentrum. Das war ein weiter Weg und dort war das auch anstrengend. Man musste sich anmelden und immer weite Wege latschen und auf die Ärzte warten. Jetzt bin ich echt froh, dass ich das nicht mehr muss!
Bis jetzt noch nicht.
Für Jannic war es in der Schule sehr schwierig. Da er die Schmerzen hatte, konnte er im Sportunterricht einfach nie mithalten. Auch auf dem Schulhof gehörte er nicht zu den Aktiven. Das führte ganz schnell zu Ausgrenzungen. Nach dem Wechsel in die weiterführende Schule wurde es immer schlimmer. Abfällige Bemerkungen, auch von Lehrern, motivierten zu immer weiteren Sticheleien. Das hat ihn und auch uns sehr belastet. Als die MF Diagnose kam, haben wir versucht die Lehrer aufzuklären und gehofft, dass sie Jannic vor weiterem Gemobbe schützen würden. Da hat aber nichts mehr geholfen. So haben wir uns für eine neue Schule entschieden. Dort haben wir vorher aufgeklärt, welche Probleme Jannic durch MF hat. Hier haben die Lehrer die Schüler gut vorbereitet. Jannic ist heute sehr zufrieden in seiner Schulgemeinschaft. Diese Dauerbelastung, der Druck und die damit verbundenen Ängste, alles hat sich aufgelöst. Wir sind sehr froh, diesen Schulwechsel gewagt zu haben. Jetzt ist einfach alles besser!
Interview geführt von Natascha Sippel
Tabea S. (53 Jahre, Name geändert) liebt ihren Mann, ihren immer hungrigen Kater und verbringt gerne Zeit in der Natur. Kochen und Backen sind ihre Leidenschaft. Ihre Jahrzehnte andauernde Suche nach der Ursache ihrer Probleme, zeigt nicht nur, wie schwierig und frustrierend diese Wege sind, sondern auch wie vielfältig und unterschiedlich Fabry-Symptome sein können.
Seit November 2018, da war ich 51 Jahre alt. Also seit etwas über zwei Jahren. Bis dahin waren die Diagnosen: Psychosomatisch und Fibromyalgie.
Eigentlich fast mein ganzes Leben lang, kein Arzt konnte mir helfen. Die Diagnose wurde gestellt, nachdem ich mal wieder bei einem Schmerztherapeuten Hilfe suchte.
Ich hatte eigentlich schon immer Schmerzen, irgendwie überall. 2007 waren die Schmerzen nach mehreren Bandscheibenvorfällen und drei OPs so stark, dass ich zwei Jahre lang fast nur noch liegen konnte, sitzen ging gar nicht. Ein Rentenantrag wurde abgelehnt. Ich fand eine Halbtagsstelle und arbeitete im Stehen. Nach der Arbeit hatte ich nicht mehr viel Kraft für Privates, die Schmerzen waren unerträglich. Auch heute noch muss ich mich oft hinlegen, um die Muskulatur zu entspannen. Ich reagiere sehr stark auf Umgebungsbedingungen. Duftstoffe, wie Deo, Raumdüfte, Reinigungsmittel verursachen Migräne. Wenn es zu kalt ist, habe ich Schmerzen. In klimatisierten Räumen halte ich es nicht aus. Meine Haut muss immer bedeckt sein. Im Winter schlafe ich mit einem Handtuch über dem Gesicht. Ein kalter Luftzug und die Stirnhöhlen entzünden sich und ich bekomme Kopfschmerzen. Ebenso reagiere ich auf Baustaub, z.B. beim Bohren in Gipskarton. Direkte Sonne vertrage ich gar nicht. Im Sommer ist es die Hitze, die nicht aus dem Körper kann, dann dusche ich oft auch nachts. Alle Befindlichkeiten bis hin zu den Schmerzen, sehe ich im Zusammenhang mit der durch den Fabry verursachten Polyneuropathie. Neben einer Niereninsuffizienz habe ich eine venöse Insuffizienz und Bluthochdruck und hatte bereits einen Schlaganfall.
2018 ging es mir immer schlechter, auch kognitiv; ich konnte meiner Arbeit nicht mehr nachgehen. Die Konzentrationsstörungen wurden immer massiver. Ich stellte mich in einer weiteren Schmerzambulanz vor. Der Therapeut äußerte den Verdacht und veranlasste den Test.
Erleichterung und Wut. Ich wusste immer, dass ich etwas organisches habe, bin bei meinen Recherchen aber nie über Morbus Fabry gestolpert. Hatte nur den Verdacht, dass etwas mit meinem Zellstoffwechsel nicht stimmt, das hat sich bestätigt. Und wütend, weil kein Arzt die Anzeichen erkannt hat und weil mir immer keiner geglaubt hat. Sogar heute noch! Wenn ich Veränderung spüre, werden sie nicht ernst genommen! Vielleicht hätte man den Verlauf mit einem früheren Behandlungsbeginn verlangsamen können.
Schon als Baby. Das weiß ich natürlich nur von meiner Mutter. Ich war immer anders hatte auch kein Selbstvertrauen und habe nach Menschen gesucht, die genauso sind wie ich. Als Kind hatte ich Magenprobleme, Wachstumsstörungen, Schmerzen im Rücken und in den Gelenken. Dann Migräne bei Wetterwechsel und vor allem durch Gerüche. Ich bin sehr geruchsempfindlich, denn Waschmittel, Parfum und künstliche Gerüche machen mir starke Kopfschmerzen und Migräne.
Ja und nein. Die Schäden in meinem Körper sind irreversibel und ich habe Angst vor dem was noch kommt. Ich lasse mir aber nicht mehr alles gefallen und werde immer selbstbewusster. Heute weiß ich, dass alles was ich so empfunden und versucht habe in Worte zu fassen, genauso ist. Wer mir nicht gut tut, den meide ich.
Nein. Meine Mutter wurde getestet. Von ihr habe ich es nicht. Mein Vater lebt nicht mehr und von ihm konnten meine Brüder den Fabry auch nicht erben. Wir selbst haben keine Kinder.
Ich habe keinen Kontakt mehr zur Familie. Für mich und meinen Mann war es wichtig, endlich eine Diagnose zu haben. Der Rest der Familie konnte damit aber nicht so viel anfangen. Die Wunden, die dadurch entstanden sind, nicht ernst genommen zu werden, sind einfach oft nachhaltig. Es war ähnlich wie bei meinem HA, er meinte auch, dass ich jetzt nicht all mein Leid darauf zurückführen könne. Er sah mich nach wie vor noch in der Psychosomatik. Mein Mann liebt mich, auch wenn es nicht einfach ist immer Rücksicht auf meine Bedürfnisse zu nehmen.
Zunächst bekam ich Replagal. Die Schmerzen wurden besser, es gab aber immer Schwankungen. Die neurologischen Probleme wurden aber nicht besser. Seit April 2020 nehme ich Galafold. Hier hat sich nach kurzer Zeit mein Nebel im Kopf gelichtet. Vieles wurde einfach wieder klarer, sogar Unterhaltungen kann ich wieder folgen und auch puzzeln geht wieder. Hier glaube ich einfach an die Theorie, dass Galafold durch andere Wirkmechanismen die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und irgendwie im Nervensystem besser wirkt. Den Tipp bekam ich nicht vom Fabry-Zentrum, sondern durch eine Mitpatientin und darauffolgende Eigenrecherche!
Ja und sehr dankbar das es sie gibt. Die haben mir auch bei der Therapieumstellung geholfen und jetzt bekomme ich alle 3 Monate mein Galafold nach Hause geliefert.
Mein Mann, der Kater und unser Zuhause, dass auf meine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Freunde, die sich sehr viel Mühe geben auf meine Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Nein. Außer, dass ich liebe Menschen in der Selbsthilfegruppe und durch die Heimtherapie kennen gelernt habe.
Die Signale des eigenen Körpers ernst nehmen. Immer wachsam sein und Ärzten nicht nur blind vertrauen!
Interview geführt von Natascha Sippel
Andreas T. (Name geändert) ist 34 Jahre, wohnt seit 2012 im Großraum Köln-Bonn und ist Single. Er ist Laborleiter in einem Zuliefererbetrieb der Flugbranche. Seine Ausbildung begann er als Mechatroniker in einem großen Betrieb, musste aber schnell feststellen, dass er durch Fabry den Anstrengungen nicht gewachsen war. In einem Beratungsgespräch mit den Eltern haben ihm die verschiedenen Meister geholfen, das Richtige zu finden. So konnte er innerbetrieblich umschwenken und wurde Technischer Zeichner. Heute geht es ihm so gut, dass er seit 2017 Vollzeit arbeiten kann. Den Fabry gab er jedoch nie bei seinen Bewerbungen an, auch im jetzigen Betrieb teilte er seine 50 %ige Schwerbehinderung erst nach zwei Jahren mit. Am Ende hatten alle einen Vorteil, er selbst mehr freie Tage und der Arbeitgeber den Zuschuss. Als sportlicher Typ hat er das Klettern entdeckt, zwischenzeitlich nicht mehr nur in der Halle, sondern auch aktiv in der Eifel. Oft mit seiner Schwester. Er ist nicht nur ein Brettspielfan, auch Musik hat es ihm angetan und er trifft sich häufig mit Freunden.
Erfahren habe ich das als Jugendlicher mit ca. 14 Jahren, also seit 20 Jahren.
5-6 Jahre lang sind meine Eltern mit mir von Arzt zu Arzt.
Wir landeten bei einem Kinderarzt der auch Homöopath war. Er war der einzige, der wirklich ehrlich war und irgendwann sagte, dass er mit seinem Latein am Ende sei. Er nahm mich wirklich ernst, experimentierte nicht weiter rum wie andere das bereits zuvor getan haben, sondern überwies mich nach Bonn in die Kinderneurologie der Uniklinik. Dort wurde nach einigen Voruntersuchungen eine Nervenbiopsie gemacht und Fabry erkannt. Mit dieser Diagnose wurde ich nach Mainz überwiesen und die Diagnose wurde dort bestätigt.
Mit 9 Jahren fingen bei mir schlimme Brennschmerzen in Händen und Füßen an.
Tatsächlich Erleichterung. Endlich die Bestätigung, dass ich kein Lügner bin. Diese Zweifel hatten mich immer sehr belastet und bedrückt. Ich war glücklich, dass es eine Therapie gibt. Eigentlich habe ich das relativ positiv aufgenommen und mit meiner Mutter das Beste daraus gemacht. Damals war es schwer zu verstehen, dass man nicht so leistungsfähig ist wie andere. In der Kindheit und Jugend war ich 10 Jahre lang Leistungsschwimmer, Wasser hat mir eher immer geholfen. Mit 16 Jahren war hier Schluss. Es war einfach ein Stillstand eingetreten, ich konnte mich nicht mehr verbessern. Das hat wiederum geholfen, in der Schule einen besseren Abschluss zu bekommen.
Ja. Therapiebeginn war mit 16 Jahren. Ich war in der Kinder- und Jugendstudie in Mainz. Auf lange Sicht hat mir die Therapie richtig geholfen; ich bin dadurch leistungsstärker geworden und kann sogar gut Sport machen. Ich klettere jetzt. Nach dem Schwimmen habe ich Tischtennis gespielt. Aber nur kurz, das war für die Füße einfach zu viel. Joggen geht aber bis heute wirklich gar nicht, da bin ich nach 500 m völlig am Ende! Ich konnte nie schwitzen. Jetzt, nach so vielen Jahren, kann ich das langsam unter den Achseln oder auch an den Füßen. Ich habe auch schon lange Osteoporose. Vitamin D hilft die Werte stabil zu halten.
Ja, meine Mutter. Sie hielt sich erstmal im Hintergrund. Erst als wir in Mainz waren, gab sie an, dass sie auch zwischen dem 14. Und 23. Lebensjahr starke Schmerzen hatte. Für sie war das wohl auch eine sehr schlimme Zeit. Auch ihr wurde kein Glauben geschenkt. Darum hat sie sich immer versucht, durch die Schmerzen zu kämpfen. Sie startete dann auch mit der Therapie bei der Erwachsenen Studie in Mainz. Meine Schwester ist nicht betroffen.
In der Verwandtschaft ist und war das ein schwieriges Thema. Eine Tante und die Onkel wollten sich nicht testen lassen, ein Onkel ist früh verstorben, er war sehr depressiv und hatte viele gesundheitliche Probleme. Daher weiß man das nicht so genau.
Ja, ERT in Heimtherapie.
Replagal. Die Tablette passt nicht und würde ich auch nicht nehmen wollen. Hier wäre ich mir nicht sicher, ob ich eine regelmäßige Einnahme in meinen Rhythmus bekäme. Fehlende Einnahmen kann und will ich mir nicht leisten.
Wenn ich meine besten Freunde treffe. Wir sind seit knapp 15 Jahren befreundet und jeder hat sein Päckchen zu tragen. Alle hatten schwere Zeiten und daher verstehen wir uns bis heute. Jeder hat Vertrauen und Verständnis. vor allem, wenn es einem mal nicht so gut geht.
Ein besseres Körperbewusstsein. Ich habe immer versucht anderen Jugendlichen und Kindern die Ängste zu nehmen. Damals gab es große jährliche Treffen von Patienten und es gab tatsächlich Gruppen nur für Jugendliche. Damals habe ich oft das Wort ergriffen und den Jüngeren Rat gegeben, sie motiviert auszuprobieren und zu lernen mit den Grenzen umzugehen. Es hat mir die Augen geöffnet, dass ich in Mainz viel schwerer Erkrankte kennenlernte, die teilweise sogar verstorben sind.
Die eigenen Grenzen kennenlernen und akzeptieren. Die depressiven Phasen vorüberziehen zu lassen, ohne sich ganz runter zu ziehen. Am nächsten Tag ist es meist wieder besser. Ich habe eine Verhaltenstherapie gemacht, die mir sehr geholfen hat. Meine Mutter ist für mich eine sehr starke Bezugsperson. Man muss nur darüber reden, dann geht’s einem meist wieder besser.
Ich bin immer bereit an Studien teilzunehmen. Da es etwas Seltenes ist, darf man nicht aufhören darüber zu reden.
Interview geführt von Natascha Sippel
Inge B. (Name geändert) ist 60 Jahre, verheiratet und hat einen Sohn. Sie wohnen zwischen Bremen und Oldenburg in einem idyllischen Ort. Früher war sie lange in der Behindertenhilfe. Sie arbeitete in einer Wohngruppe für mehrfach behinderte Erwachsene. In ihrer Arbeit ging sie voll auf und war für die Bewohner Familienersatz. Seit knappen acht Jahren ist sie selbst erwerbsunfähig. Sie malt und strickt nach wie vor sehr gerne, so kam es, dass sie Grundschülern Handarbeiten beibringt. Sie findet es wunderbar, sich noch nützlich zu machen und auch gebraucht zu werden
Seit sieben Jahren, 2013.
Über 10 Jahre. Es fing nach dem Joggen an, mein linker Fuß schmerzte und brannte, sodass ich erstmal dachte, mich vertreten zu haben. Aber es wurde immer schlimmer. Genau diesen Schmerz habe ich dort bis heute. Es folgte Hausarzt, Orthopäde, Neurologe und Rheumatologe –nichts. So ließ ich mich 1,5 Jahre lang bei einer Internistin, die Akkupunktur anbot, auf eigene Kosten gegen die Schmerzen behandeln. Das half immer etwas. Nach einer Pause verweigerte sie die Weiter–Behandlung, da mein Allgemeinzustand zwischenzeitlich dramatisch schlecht war. Ich kam drei Tage in eine neurologische Klinik. Sie stellten ein Small–Fibre–Syndrom fest, mehr nicht. Die einzige Hilfe ab da war das Schmerzmittel Pregabalin. Ich ging in Reha. Die Ärztin war sehr arrogant und stellte mich als Simulantin dar. Sie entließ mich nach 3 Wochen als vollkommen gesund und arbeitsfähig. Es war unfassbar, denn zwischenzeitlich saß ich schon überwiegend im Rollstuhl! Mein Chef, der mich ja schon 20 Jahre kannte, schickte mich zum Gutachter. Die Kasse entschied, dass ich wieder zu Hause bleiben solle.
Ein Neurologe, da war plötzlich ein anderer in der Praxis. Ein Arzt aus Ungarn. Er stellte mir viele Fragen und ich ging wieder nach Hause. Beim nächsten Termin fragte er weiter, plötzlich sagte er aber, er glaube er wisse, was ich habe. Durch eine Studie in seiner Ausbildung kannte er die Krankheit. Ein Gentest bestätigte seine Morbus Fabry Vermutung.
Rückblickend denke ich, dass ich im Grundschulalter schon unter verschiedenen Symptomen litt. Ich hatte viele gastro-enterologische Probleme und war ständig erschöpft. Aber richtig angefangen hat es mit ca. 35 Jahren.
Erst war es ein Schock. Dann kam aber auch Erleichterung da-zu. Meine Hausärztin überwies mich sofort nach Hannover ins Zentrum. Ich hoffte auf Besserung und war irgendwann froh, endlich eine Diagnose zu haben.
Ja drastisch! Jetzt war es amtlich, ich konnte nicht mehr arbeiten. Ich musste mit der Familie sprechen. Wir mussten umziehen, ich habe einen Rollstuhl, ein E–Mobil, Schmerzkrisen und die Polyneuropathie zwischenzeitlich auch in den Händen; es wird einfach schwieriger –die Krankheit geht immer weiter, obwohl meine die Werte gut sind.
Heute bin ich sicher, dass unsere Mutter Fabry hatte. Sie hatte immer Schmerzen, später war sie dement. Auch hier glaube ich, dass ihre ungewöhnliche Demenz eher Fabry war. Sie ist am Ende an multiplem Organversagen verstorben. Wir waren sechs Mädels, davon ist außer mir eine betroffen. Aber praktisch symptomfrei. Meine Nichte wurde auch diagnostiziert, es geht ihr gut und beide machen regelmäßig ihre Check–Ups. In der weiteren Verwandtschaft wurden keine weiteren Fabrys diagnostiziert. Aber meine Oma hatte zwei Söhne früh verloren.
Als Überbringer der schlechten Nachricht war es sehr schwierig. Bei der Älteren Schwester kam zu der Zeit auch noch eine Brustkrebs–Diagnose. Meine kleine Schwester ist auch positiv. Da gab es Schuldgefühle, da sie es der Tochter vererbt hat. Wir waren heulend am Telefon, aber wir halten trotzdem zusammen.
Anfangs habe ich Fabrazyme–Infusionen bekommen, zwischenzeitlich bin ich auf die Tablette umgestellt. Außerdem nehme ich nach wie vor Pregabalin in der höchsten Dosis. Jetzt möchten wir die Dosis runtersetzen und dafür bekomme ich dann Cannabinoide. Mal sehen, wie gut ich damit zurechtkomme.
Jetzt Galafold.
Ich war lange in einer Praxis, die auch Dialyse Patienten betreuen. Das war sehr gut, nett und richtig bequem. Aber ich habe sehr schlechte Venen, es war immer ein Akt. So kam es, dass ich von der Tablette las, in Hannover damals kein zuständiger Arzt war und mein Nephrologe mich nach Münster überwies. So war ich eine der ersten Patientinnen mit Galafold.
Ich bin jemand, der immer etwas machen muss, immer mit anpacken will. Meine Hobbys sind extrem wichtig, Socken stricken zeigt mir, dass ich doch noch etwas kann was gebraucht wird –auch in dieser Leistungsgesellschaft. Ich koche auch gerne! Ich bin nicht depressiv, sondern eher positiv. Um mich wohl zu fühlen muss ich etwas machen.
Ja, ich renne nicht mehr blind durchs Leben, bin viel achtsamer geworden und sage viel häufiger Nein. Das fiel mir früher sehr schwer, ich konnte nie jemanden zurückweisen. Ich nehme mich einfach wichtiger.
Die Schwierigkeit war immer, dass Ärzte nicht richtig zuhörten. Man muss lernen, dieses Zuhören von Ärzten einzufordern. So viele Ärzte waren einfach respektlos. Lieber mal den Arzt wechseln, wenn man das Gefühl hat, dass er nur Wissen vor-täuscht und einem nicht weiterhelfen kann. Hier lässt man viel zu oft experimentieren.
Interview geführt von Natascha Sippel
Susanne M. ist 57 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann in NRW. Sie haben eine Tochter, die schon erwachsen und längst ausgezogen ist. Bei gutem Wetter fahren sie gerne Fahrrad und sind vor ein paar Jahren auf E-Bikes umgestiegen. Bei schlechtem Wetter ist sie eine Leseratte. Ihr großes Hobby war schon immer das Reisen, so war sie schon in vielen Ländern. Zwischenzeitlich sind sie Kreuzfahrt-Fans geworden – weil, da immer ein Arzt an Bord ist!
Seit 16 Jahren.
Bei uns ist das etwas anders. In unserer Familie ist der Fabry schon seit den 60er Jahren bekannt – allerdings hieß es, dass Frauen davon nicht betroffen sind. So wurde nach den Frauen nicht geschaut, selbst ein Schlaganfall vor dem 20. Lebensjahr änderte nichts daran. Dann kam irgendwann ein Anruf aus der Verwandtschaft, dass ich mich vielleicht doch einmal testen lassen sollte.
Ein Verwandter riet mir, ein Zentrum aufzusuchen. Dort wurde ein Gen-Test gemacht.
Angst um mein Kind, unfassbare Angst um mein Kind!
So lange ich mich erinnern kann, war ich immer krank. Eigentlich hatte ich schon im Säuglingsalter schlimme Fieberkrämpfe. Im Grundschulalter konnte ich schon Hitze nie vertragen und fiel daher auch in der Jugend häufig in Ohnmacht.
Nein, einfach weil ich schon immer krank war. Diagnose hieß für mich noch lang keine Therapie!
Nein – zu diesem Zeitpunkt hatten wir in unserer Familie keinen guten Kontakt. Ich erfuhr erst viel später, dass sogar meine Mutter schon lange vor mir in Therapie war, mich aber niemand informiert hatte.
Mein Mann stand immer hinter mir und war auch hier eine große Unterstützung.
Eine Auswahlmöglichkeit gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich habe Fabrazyme bekommen. Das bekomme ich heute noch. Meine Schmerzen wurden insgesamt deutlich weniger. (Ich kann aber berichten, dass es dort eine Zeitlang einen Lieferengpass gab. In dieser Zeit wurde ich auf Replagal umgestellt, ich hatte wieder deutlich mehr Schmerzen.) Aber trotz der Therapie wurden meine Probleme im Laufe der Jahre immer gravierender. (Auch, dass ich überhaupt eine Therapie bekomme, habe ich meinem Mann zu verdanken, der bei einer Mitgliederversammlung gut zugehört hatte.)
Als ich mit der Therapie anfing, gab es das noch nicht. Irgendwann konnte ich in eine onkologische Praxis wechseln und musste nicht mehr ins Zentrum fahren. Von Heimtherapie habe ich erst vor wenigen Jahren durch Zufall bei der Mitgliederversammlung erfahren. Ich möchte das jedoch nicht, denn ich würde mir noch isolierter vorkommen. Das Praxis-Team ist mir auch heute wichtig!
Mein Mann! Er gibt mir den Rückhalt und die Kraft, die ich täglich brauche!
Nein – da fällt mir nichts ein, aber schlimmer geht immer!
Einfach damit Leben. Ich glaube, dass sich einige Patienten zu sehr darauf konzentrieren und darüber ihr Leben vernachlässigen.
Interview geführt von Natascha Sippel
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